Anfänge

160 Jahre STA

 

Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, kurz: Adventgemeinde, ist aus der nordamerikanischen Adventbewegung des 19.Jahrhunderts hervorgegangen, die den Höhepunkt des „Second Great Awakening“ darstellte. Die führende Gestalt war der Farmer und Baptistenprediger William Miller (1782 – 1849).

1839

Miller trifft in Boston auf den Sozialreformer und Pastor Joshua V. Himes (1805 – 1895); sie werden die einflussreichsten Leiter der interkonfessionellen „Adventbewegung“. Aufgrund intensiven Bibelstudiums (vor allem der prophetischen Aussagen) war Miller zu der Überzeugung gelangt, dass das Ende der Welt bevorsteht.

1840 - 1844

Die „Millerbewegung“ erfasst schätzungsweise 100.000 Menschen, die Jesu sichtbare Wiederkunft in allernächster Zukunft erwarten. Bis zu 2000 Pastoren verschiedener Denominationen predigen vom baldigen Advent und den „Zeichen der Zeit“, die dieses Ereignis ankündigen.

22.10.1844

Nach der „großen Enttäuschung“ zerfällt die Bewegung in mehrere Gruppen, aus denen bald darauf neue Denominationen entstehen. Eine dieser kleinen Gruppierungen entwickelt sich später zur weltweiten Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten mit inzwischen über 15 Millionen getauften Mitgliedern.

ab 1848

James White, Joseph Bates, Hiram Edson – die späteren Gründer der Siebenten-Tags-Adventisten – und andere formieren sich zu einer neuen Gemeinschaft, deren auffälligstes Kennzeichen die Feier des siebenten Wochentags („Sabbat“) ist. In ihrer Mitte wirkt die prophetisch begabte Ellen G. White (1827-1915), die zur einflussreichsten Person des Adventismus wird.

1860 - 1863

Namensgebung und Gründung der „Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten“.

1874 - 1876

John N. Andrews (1829-1883) kommt nach Europa. In der Schweiz gründet er mit dem Prediger Jakob Erzberger (1843-1920) die erste adventistische Mission außerhalb Nordamerikas. In Wuppertal-Vohwinkel treffen sie die „Getaufte Christen-Gemeinde“ des Webers Johann Lindermann, aus deren Mitgliedern sich die ersten Adventgemeinden in Deutschland (Vohwinkel und Solingen) formieren.

1888

Während der „Generalkonferenz“ in Minneapolis kommt es zu theologischen Auseinandersetzungen, die zu einer neuen Betonung des persönlichen Glaubens an „Christus – unsere Gerechtigkeit“ führen.

1889

Ludwig Richard Conradi (1856-1939) beginnt von Hamburg aus die deutsche Advent-Mission. Unter seinem visionären Weitblick, seiner organisatorischen Fähigkeit sowie seiner rhetorischen wie schriftstellerischen Begabung breitet sich die Freikirche bis zum ersten Weltkrieg in weiten Teilen Europas aus, darüber hinaus auch im Nahen Osten, in verschiedenen Gebieten Afrikas (vor allem dem ehemaligen Deutsch-Ostafrika), in Südamerika und Asien.

1899

Eröffnung der „Missions- und Industrieschule Friedensau“; 1990 erhält sie die staatliche Anerkennung als Theologische Hochschule.

1920

Eröffnung des Krankenhauses „Waldfriede“ mit Krankenpflegeschule in Berlin-Zehlendorf.

1952

Anerkennung als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ in Deutschland.

1980

Neuformulierung von 27 „Glaubensüberzeugungen“ während der adventistischen Weltsynode in Dallas; im Jahr 2005 wird ein 28. Glaubensartikel hinzugefügt.

Anfänge in Berlin

 

Die ersten Adventisten in Europa sind seit 1864 nachweisbar. In Deutschland haben sie 1875 Fuß gefasst, als späte Frucht der rheinländischen Erweckungsbewegung. So stellt der Adventismus in Deutschland historisch gesehen nicht nur eine aus Nordamerika importierte Bewegung dar. 

In Anlehnung an das baptistische Missionsmodell J.G.Onckens errichteten die frühen Adventisten in Deutschland ihr Missionszentrum 1889 in Hamburg, wo sie eine Missionsschule, ein Verlagshaus und ein Gesundkostwerk aufbauten. Von Hamburg aus wurde unter der dynamischen Führung des Missionsdirektors und Vorstehers Ludwig R. Conradi (1856-1939) eine systematische Missionstätigkeit in ganz Deutschland und darüber hinaus entfaltet. 

Einer der engsten Mitarbeiter Conradis war der Russlanddeutsche G. Perk, ehemals der strengen Richtung der Mennoniten-Brüder und Kolporteur der Britischen- und Ausländischen Bibelgesellschaft, der die adventistische Missionsarbeit 1891 in Berlin aufnahm. 

Im August 1891 ließ sich Perk, von Frankfurt und Wiesbaden kommend, in Berlin nieder. Durch Schriftenverkauf von Tür zu Tür stieß er in Berlin-Moabit auf die Baptistenfamilie Briese, die Perk in evangelistisch-direkter Manier auf die Unveränderlichkeit der 10 Gebote hinwies. Es gelang ihm offensichtlich, allein schon aus der Formulierung des baptistischen Bekenntnisses heraus eine Bindung an das Sabbatgebot herzustellen. Schon bald interessierte sich auch die Hausbesitzerin, Olga Bauch, eine schlesische Offizierstochter aus wohlhabender Familie, für den unbefangenen Reiseprediger und seine bibelfesten Argumente. Man versammelte sich zu Bibelstunden in der Stephanstraße 17 (Moabit), wo sich Johann Perk, der Bruder des Reisepredigers, eingemietet hatte. 

Der Bibelkreis in der Stephanstraße führte zur ersten Frucht der adventistischen Missionsbemühungen in Berlin. So fand am 17.Mai 1893 die erste adventistische Tauffeier mit L.R. Conradi am Plötzensee statt: Olga Bauch und noch eine andere Schwester wurden getauft, Schwester und Bruder Briese, die ja bereits in der Baptistengemeinde die Glaubenstaufe erfahren hatten, in die Adventgemeinde aufgenommen. 

In den ersten Jahren versammelten sich die Berliner Adventisten im Haus von Olga Bauch, Pritzwalker Str. 1, Berlin-Moabit. Ihre Wohnung wurde zur Geburtsstätte und Keimzelle des Adventismus in Berlin. 

Im Jahr 1914 war die Gliederzahl in Berlin bereits auf über 1000 angestiegen und übertraf damit die Zahl der Adventisten in Hamburg nahezu um das Doppelte. In keiner Stadt Europas lebten um diese Zeit so viele Adventisten wie in Berlin.

1914 finden sich folgende Ortsgemeinden im Stadtgebiet von Berlin (die Gliederzahl ist in Klammern gesetzt): Zentrum (81), Charlottenburg I (57), Charlottenburg II (78), Moabit (57), Neukölln (73), Nord-Osten (71), Osten (89), Oberschöneweide (12), Pankow (54), Schöneberg (92), Steglitz (91), Süd-West (19), Tegel (42), Wedding (75), Wilmersdorf (72), Köpenick (39), Spandau (39). 

Die gleichmäßige geographische Verteilung der Gemeinden zeugt von einer planmäßigen missionarischen Durchdringung der Stadt. Die Gemeinden wurden als Kleingruppen organisiert, deren Mitgliederzahl nicht über 100 reichte. Man sah in Gemeinden dieser Größenordnung das stärkste missionarische Potential. Der hauptamtliche Prediger verstand sich als Evangelist (Reiseprediger) und Gemeindeneugründer.

Chronik der Adventgemeinde Tegel

 

20 Jahre nachdem Perk in Berlin Moabit in der Stephanstr. 17 mit dem Bibelunterricht begonnen hatte gab es bereits 11 Adventgemeinden im heutigen Stadtgebiet. Hier im Norden Berlins bestand die Gemeinde Berlin Norden mit 142 Gliedern. 

Um das Stadtgebiet besser missionarisch zu durchdringen, teilte sich in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 1913 eine der beiden Gemeinden im Norden, die nunmehr als Gemeinde Berlin Wedding und Berlin Tegel im dritten Quartalsbericht des Jahres 1913 der Ostdeutschen Union ihre eigenständigen Wege gingen. Bei Gründung der Gemeinde Tegel bestand die Gemeinde aus 20 Gliedern. 

Das erste Vierteljahrhundert war von einer Unstetigkeit der Versammlungsstätte geprägt. Alles begann im Restaurant Waldkater in der Bernauer Straße (Veitstraße). Von dort zog man nach kurzer Zeit in die August-Müller-Straße, der heutigen Gorkistraße in Tegel. 

Nach ca. 2 Jahren zog die Gemeinde dort aus und hatte nunmehr ihre Versammlungsstätte in dem damaligen Steinbergweg der heutigen Straße An der Oberrealschule, dort wo das Humboldtgymnasium steht. 

Von dort ging es ca. Mitte / Ende 1930 für einige Wochen in die Schlieperstraße. Die Gemeinde fand in der dortigen Baptistengemeinde solange Unterkunft, bis sie dann endlich in den Neubau des Gemeindehauses in der Kirchgasse 3 übersiedeln konnte. 

Die Gemeinde wuchs und hatte im November 1933 ca. 70 Glieder. 

Die NS-Zeit stellte die sabbathaltenden Adventisten auf die antisemitische Stufe, so dass die STA im November 1933 verboten wurde.

Geschwister Dietrich, Bruder Dietrich war zu dieser Zeit Gemeindeältester, stellten kurzerhand ihre Wohnung für den Sabbatgottesdienst zur Verfügung, die gleich um die Ecke in Alt-Tegel lag. 

Gott half weiter. Nach einigen Wochen in der Wohnung wurde das Versammlungsverbot wieder aufgehoben.

1938 konnte das 25jährige Gemeindejubiläum gefeiert werden. 

Am 26.11.1943 wurde das Gemeindehaus in der Kirchgasse zum großen Teil durch einen Bombenangriff beschädigt. 2 Jahre nach Kriegsende, am 21.Juli 1947, wurde die wiederhergestellte Kapelle in Anwesenheit des Verbandsvorstehers M. Budnick eingeweiht. 

Nach dem Krieg versammelte sich die Gemeinde Tegel im Frieden, aber unter der französischen Besatzungsmacht weiter in der Kirchgasse. 

Doch die Franzosen beschlagnahmten alle Stühle und das Harmonium, um damit die Villa Borsig auf Reiherwerder ausstatten zu können. 

Die Gemeinde musste wohl einige Sabbate den Gottesdienst im Stehen durchführen. Dem Ehemann von Schwester Schlipfghe gelang es schließlich, die Freigabe der Möbel und des Harmoniums zu erreichen. 

Hatten noch Soldaten die Möbel weggeholt, zurückholen mussten sie Geschwister Dietrich und Bruder Voßkuhl mit der Handkarre von Reiherwerder. 

Die Zeit nach dem Krieg war von Wachstum gekennzeichnet, so dass der Saal zu klein wurde. Dem wurde Abhilfe geschaffen durch den Anbau im Jahre 1954. 

Während der Baumaßnahmen, fanden sie Gastrecht in der methodistischen Erlöserkirche in der Gorkistraße. 

Am Sabbat den 18. Dezember 1954 konnte der erweiterte und renovierte Saal eingeweiht werden.

Anfang 1955 war schließlich die Gemeinde auf 102 Glieder angewachsen. 

1963 feierte die Gemeinde unter großer Anteilnahme ihr 50jähriges Bestehen. 

1964 wurde dann die Gemeinde Hermsdorf mit 20 Gliedern gegründet. 

1968 waren noch 65 Geschwister Glieder der Gemeinde Tegel. 

1969 wurde die kleine Gemeinde in Hermsdorf aufgelöst und wieder mit der Tegeler Gemeinde vereint. Nun waren wieder 85 Glieder in der Gemeinde Tegel. 

In den darauffolgenden Jahren ging jedoch die Gliederzahl kontinuierlich zurück und erreichte im Jahre 1992 einen Tiefpunkt mit 29 Gliedern. Zum einen bedingt durch Abgänge ins charismatische Lager, zum anderen durch den Wegzug von Familien. 

Um die Jahrtausendwende fing die Gemeinde Tegel wieder an zu wachsen, bedingt durch Zuzug, Aufnahmen und Taufen.

Zur 100.Jahrfeier am 17.09.2013 hatte die Gemeinde 41 Glieder plus ihrer 21 Kinder, die nicht mitgezählt wurden.

Heute, im Jahr 2023, zählt die Gemeinde Tegel 54 Glieder.